Dienstag, 27. November 2012

Bay of Islands

 
Hallo,

endlich darf ich wieder von einem Zwei-Tages-Trip berichten! Am frühen Samstagmorgen ging es  für uns in die Bay of Islands. Die Assoziationen, die sich mir bei diesem Namen aufdrängten, wurden durchaus bestätigt: Sonne, Meer und viele kleine Inseln. Insgesamt befinden sich vor der Küste, die ungefähr 3,5 Stunden Autofahrt Richtung Norden von Auckland entfernt ist, über 140 kleine und sehr kleine Inseln. Demjenigen, der die Region mit dem Boot erkundet, bieten sich paradiesische Aussichten - ganz zu schweigen von einer Erkundung aus der Luft! Aber dazu später mehr...

Wir hatten eine 4-stündige Bootstour durch die Küstenregion gebucht, deren Ziel es war, wilde Delfine aus der Nähe zu Gesicht zu bekommen und am Ende gar mit ihnen im Ozean zu schwimmen! Wir waren ganz gespannt und kamen etwa eine Stunde vor Auslaufen des Schiffes im Küstenort Paihia, so dass wir bereits in unserem Backpacker Hostel einchecken konnten. Kurze Zeit später, und nachdem wir unser selbst gemachtes Sushi verspeist hatten, gingen wir an Bord. Das Schiff zählte glücklicherweise zu den kleinsten im Hafen und fasste nur etwa 30 Personen. Begleitet wurde die Tour von einem Kapitän (logisch!) und Ronda, der burschikosen Delfin-Expertin. Nachdem wir ausgiebigst darüber informiert wurden, dass es nicht immer möglich ist, Delfine zu entdecken oder gar mit ihnen im Meer zu plantschen, und wir daher bitte schön im unglücklichen Falle einer Nullnummer nicht allzu enttäuscht sein sollten, nahmen wir Kurs auf das "Insel-Meer" vor uns.




Guckst du: Kapitän, Kathi und Helge halten eifrig Ausschau nach Delfinen

Und siehe da: Bereits nach einer Viertelstunde entdeckten wir die ersten Delfine. Als unser Schiff auf die kleine Familie zusteuerte, tauchten die Meeressäuger aber  sogleich ab. Und nach dem zweiten oder dritten Versuch einer Annäherung war klar: Diese Delfine wollen ihre Ruhe. Ronda konnte es natürlich nicht erlauben, die Tiere um ihren Mittagsschlaf zu bringen, und so fuhren wir weiter hinaus aufs Meer.

Nach circa einer Stunde erfolglosen Umherfahrens begannen Kathi und ich, uns Sorgen zu machen. Was, wenn Ronda und der Kapitän gar keine Ahnung hatten, was sie da taten, oder noch schlimmer: wenn die Delfine einen Wochenendausflug nach Auckland geplant hatten? Doch genau in diesem Moment zerschnitt ein Funkspruch die gespannte Stille. Zwei Delfine wurden gesichtet. Und schon drehte unser Kapitän dankbar ab und manövrierte das Boot zwischen einigen Felsen hindurch in eine kleine Meeresenge. Zu unserer Überraschung waren bereits zwei andere Ausflugsboote auf dem Weg zu dieser Stelle. Glücklicherweise hatten offenbar auch die Delfine den Funkspruch gehört. Eine Familie von sechs bis acht Meeressäugern tummelte sich direkt vor unserem Boot. Der Anblick hatte etwas Magisches; die Delfine begannen mit uns zu spielen. Erst tauchte ein Delfine rücklings unter dem Bug des Schiffes durch und blickte neugierig nach oben, dann bespritzte uns ein zweiter mit Wasser aus seinem Atemloch, ehe ein dritter direkt vor unseren Nasen aus dem Wasser schoss, kurz in der Luft stehen zu bleiben schien, einen Salto machte und wieder im Meer verschwand. Wir waren begeistert. Es war ein großes Glück, diese einmaligen Geschöpfe in Spiel-Laune anzutreffen! Da die Gruppe aber mehrere Jungtiere dabei hatte, durften wir nicht zu den Delfinen ins Wasser abtauchen. Die Sterberate von Jungtieren entspricht in den ersten zwei Lebensjahren ungefähr 50 Prozent. Delfin-Babys kommen mit einer viel zu dünnen Fettschicht auf die Welt. Wenn der Mensch den "Säuge-Rhythmus" der Mutter (ein Jungtier bekommt 20 mal pro Tag Milch von der Mutter) unterbricht, können deren Babys im kalten Pazifik erfrieren.



Delfine hautnah: Es ist gar nicht so einfach die schnellen Tiere (Spitzengeschwindigkeit 45 km/h) vor die Linse zu bekommen. Einfacher ist das schon mit trägen Touristen (rechts).

Also drehten wir erneut ab und steuerten auf eine Insel zu, um Rast zu machen. Gerade als wir unsere Füße auf den Steg gesetzt hatten, bekam die Crew einen neuen Funkspruch: Die Besatzung eines Helikopters hatte in einer nahegelegenen Bucht drei Wale gesichtet. Also schrie Ronda unsere Gruppe vom Boot aus zusammen und wir liefen zügig zurück. In der Bucht angekommen waren die Wale längst verschwunden. Dafür sichteten die beiden Besatzungsmitglieder aber ein paar Delfine, und plötzlich ging alles ganz schnell. Alle, die mit den Delfinen schwimmen wollten, bekamen eine kurze Instruktion. Es wurden die kurzen Neopren-Anzüge ausgeteilt sowie die Schwimmflossen, Taucherbrillen und Schnorchel. Schon stand die erste Gruppe von 18 Schwimmern am Heck des Bootes bereit (unter ihnen natürlich Kathi in forderster Front). Auch wenn sich alle Wagemutigen sehr ins Zeug legten: Die Delfine waren schneller und nicht an den Schwimmern interessiert. Also kamen alle zurück an Bord und wir fuhren wieder ein Stück dichter an die Meeresbewohner heran. Diesmal war auch ich an der Reihe. Auf Rondas Geschrei hin sprang ich (Springen war eigentlich nicht erwünscht) ins Wasser - und die Kälte raubte mir die Luft. 16 Grad hatte das Wasser, es fühlte sich an wie im Innern eines Eisschrankes. Hektisch schnappte ich durch den Schnorchel nach Luft, was mir nicht so recht gelingen wollten. Durch die beschlagene Brille sah ich auch kaum was, und so beschloss ich nach kurzer Zeit reflexartig, mich wieder an Bord zu retten. Immerhin das gelang mir dann auch irgendwie. Und so konnte ich Kathi beobachten, wie sie eine kurze Begegnung mit einem nur drei Meter entfernten Delfin erlebte. Wenige Minuten später machte sich das Schiff mit seinen überwiegend nassen und glücklichen Passagieren auf den Rückweg nach Paihia.

Den Abend ließen wir in einer recht gemütlichen Sportsbar in Paihia bei einem Bier und einem Gläschen Wein sowie einem fetten Neuseeländer (Name vergessen), der angeblich Rektor einer Schule und offensichtlich vollkommen blau war, ausklingen. Als er ein Lied für seine Freunde "Katharina und Äitsch" bei der Karaoke-Show trällerte, nutzen wir die Gelegenheit, ungesehen in unser Hostel zu verschwinden. Denn am nächsten Tag ging es erneut früh raus...

Eine Frage der Perspektive

Kathi (noch) entspannt vor ihrem Schicksalsflugzeug, im Hangar beim Anlegen der Gurte

Den ersten Teil des Sonntages müssen wir aus zwei Perspektiven beschreiben, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Ich mache den Anfang. Um 9 Uhr morgens sprangen wir wieder in unser lila Gefährt und machten uns auf den Weg zum Flugfeld von Kerikeri. Dort, wo ein großes Schild eine "Skydive Zone" versprach, bogen wir auf ein Gelände mit zwei Hangars ein. Vor einigen Wochen hatte Kathi einen Gutschein zum Fallschirmspringen erworben, den sie an diesem Sonntag einlösen wollte. Das Unternehmen in Kerikeri wird von einer mäßig freundlichen Französin geführt, die uns recht schnell zum so genannten Briefing Room schickte: Einige Stühle waren vor einem großen Flachbild-Fernseher, der an der Wand hing, aufgestellt. Wir nahmen Platz und warteten zusammen mit einem älteren Pärchen auf den "Instructor". Kathis Instructor war René aus Bilbao, der den spanischsten Englisch-Akzent hat, den ich je gehört habe. Trotzdem führte er die Anwesenden mit einfachen Sätzen durch eine Bildershow, in der die wichtigsten Regeln für das Springen dargestellt wurden. So muss der Fallschirm-Tourist direkt nach dem Sprung aus dem Flugzeug die Hüfte rausstrecken, die Beine nach hinten beugen und die Arme ausbreiten ("be a banana"). Außerdem gab René den nützlichen Tipp, man solle vor der Freifall-Phase keine Angst haben. Das sei wie Sex ("you don´t know why, but you feel chappy")...

Kathi kurz vorm Start, mit René auf dem Rollfeld, abgehoben!

Nach dieser informativen Präsentation warteten Kathi und ich neben dem Hangar, in dem die Fallschirme untergebracht sind, damit Kathi fachgerecht eingekleidet werden konnte. Das Equipment war erstaunlich simpel: ein roter Ganzkörperanzug aus leichtem Material, Gurte (so ähnlich wie beim Klettern), eine Ledermütze, eine Brille sowie ein Paar Handschuhe. Als die Maschine für Kathi und ihre beiden Leidensgenossen bereit war, wurden die drei von ihren Tandemspringern zur Cessna geleitet.

Der  Sprung aus Kathis Perspektive...
Nach einem kurzen "HUHUU!" für die Kamera quetschten wir uns zu sechst in die kleine Cessna. Die Beschreibung Sardinenbüchse hat, glaube ich, noch nie so gut gepasst wie auf die Raumverteilung in dieser Maschine. Außer meinem Tandempartner René und mir trug das kleine Flugzeuge noch zwei weitere Paare mit sich hoch in die Lüfte. Bei Renés kleiner Einführung vor dem Start hat er die Momente im Flugzeug als diejenigen, die am angsteinflößendsten seien, beschrieben. Aufgrund seiner unheimlich beruhigenden Art konnte ich jedoch sogar relativ entspannt bleiben und unseren kleinen Rundflug über die atemberaubende Bay of Islands mit ihren vielen kleinen Inseln und dem türkisfarbenen Meer genießen. Einzig, als das erste Pärchen an der Reihe war zu springen und von einer auf die andere Sekunde im Nichts verschwand, musste ich doch ein bisschen schlucken. Viel Zeit zum Überlegen blieb mir jedoch nicht. Ehe ich mich versah, saß ich ebenfalls am Rand der Maschine und im nächsten Moment rasten wir auch schon (zunächst kopfüber) der Erde entgegen. Es dauerte einige Sekunde, bis ich begriffen hatte, wo ich mich befand und was eigentlich gerade passierte. Völlige Panik konnte ich erstaunlicherweise vermeiden und trotz ohrenbetäubendem Fahrtwind die verbleibenden Sekunden im freien Fall genießen. Kurz über der Wolkendecke öffnete sich unser Fallschirm und auf einmal war alles still. Dieser starke akustische Kontrast und der tolle Ausblick, der sich uns bot, als wir durch die Wolkendecke brachen, waren einfach atemberaubend. Federleicht glitten wir hinab und für eine kurze Zeit war es mir sogar vergönnt, den Fallschirm selbst zu steuern und einige Spiralen zu drehen. Unten konnte ich Helge als kleinen, blauen Punkt erkennen, der sehr geduldig auf mich wartete. Nach einer wunderbar sanften Landung war ich überglücklich, den Sprung gewagt zu haben. Letztendlich muss ich noch einmal betonen, wie viel Glück ich mit meinem Sprungpartner hatte. Ich bin mir nicht sicher, wie vielen Personen es in dieser Situation so effektiv gelungen wäre, mich zu beruhigen, so dass ich dieses Abenteuer in vollen Zügen genießen konnte.  



Unten hatte ich auf die hoffentlich sanfte Landung gewartet. Durch ein Loch in der dünnen Wolkendecke konnte ich sogar ausmachen, wie ein Tandem-Paar aus dem Flugzeug hüpfte. Und bereits wenige Minuten später kam Kathi in Sicht. René und Kathi drehten noch zwei, drei Pirouetten und landeten dann schnell aber gekonnt auf der Rasenfläche vor dem Hangar.


Hoch in der Luft und trotzdem sicher gelandet...

Das obligatorische Video des Fallschirmsprunges durften wir uns hinterher zusammen mit René ansehen, auch wenn Kathi gleich klar gestellt hatte, dass sie nicht bereit war, den Film für 190 Dollar zu erwerben. Wir waren mit René allerdings gut ins Gespräch gekommen, und offensichtlich mochte er uns. Denn mit einem nervösen Seitenblick in Richtung des einige Meter entfernt stehenden Chefs bot er uns an, den Speicher-Chip, auf dem das Video enthalten war, mitzunehmen, um den Film auf DVD zu brennen. Wir sollten einfach in ein paar Stunden wieder vorbei kommen und ihm den Chip wieder aushändigen. Gesagt, getan: Dieses überaus freundliche Angebot nahmen wir natürlich dankbar an! Im nahegelegenen Kerikeri hielten, um uns zu stärken und den Film zu kopieren, und brachten die Speicherkarte heimlich zurück zum Spanier.

Ein bisschen Geschichte und ein verschwundenes Klo...

Zurück im 20 Minuten entfernten Kerikeri hielten wir Ausschau nach dessen größter Attraktion: den ältesten Häusern europäischer Siedler in Neuseeland. Hier im Nordosten der Nordinsel nahm die Besiedelung der beiden Inseln durch "Pakeha" ihren Lauf. Der so genannte "Stone Store" steht dicht am Kerikeri River, das "Kemp House", die Familie Kemp gehörte zu den ersten europäischen Bewohnern der Region, direkt dahinter. Auf einer kleinen Anhöhe hinter den beiden Häusern liegt die anglikanische St. James-Kirche. Dennoch muss man sich auch hier wieder vor Augen führen, wie jung dieses Land aus europäischer Sicht ist. Die ältesten Häuser wurden in den 1820er Jahren errichtet, weswegen sie grundsolide und eigentlich gar nicht alt wirken... Idyllisch gelegen sind sie aber allemal!



Helge vor dem Stone Store, Kemp House, Anglican St. James Church in Kerikeri

Nach unserer kleinen Kerikeri-Tour fuhren wir in Richtung Waitangi. In diesem Ort wurde der erste Vertrag, der Grundbesitzrechte regelt, zwischen Maori und Weißen abgeschlossen. Das war 1840 und noch heute haben nicht alle Maori-Clans das umstrittene "Treaty of Waitangi" akzeptiert. Auf dem Weg nach Waitangi kamen wir an den Hururu Falls vorbei. Dabei handelt es sich um einen Wasserfall in Hufeisenform.



Kerikeri River, Hururu-Wasserfall, Inschrift am Gedenkstein William Hobsons, der den Vertrag von Waitangi mit den Stammesoberhäuptern der Maori ausgehandelt hat.

Weiter ging es auf einer Schotterpiste, und an einem Schild ("Vorsicht, Kiwis!") vorbei, in Richtung Waitangi. Dort angekommen mussten wir leider feststellen, dass das Treaty House horrenden Eintritt verlangte. Und da wir ohnehin nicht mehr allzu viel Zeit hatten, machten wir es uns nebenan in einem Café bequem und entspannten, bevor wir wieder nach Hause aufbrachen. Erwähnenswert ist bezüglich unseres Rückweges eigentlich nur noch, dass wir die Hundertwasser-Toiletten in Kawakawa NICHT finden konnten...

Helge


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