Montag, 25. Februar 2013

Greymouth

10. Etappe: Greymouth

 

 



Von Fox Glacier Town aus ging es dann nordwärts.Auf der linken Seite wilde Kiesstrände, auf der rechten Regenwald - und weit und breit keine einzige Ortschaft. Zwei Stunden später erreichten wir Hokitika. Und da wir noch ein wenig Zeit hatten, legte wir eine Kaffeepause in dem ehemaligen Goldgräberstädtchen ein.

Von dort aus fuhren wir auf direktem Wege nach Greymouth, mit knapp 13000 Einwohnern der mit Abstand größte Ort der West Coast Region. In einem großen Haus am Ortsrand wartete Roy auf uns. Roy wird im August 80 Jahre und "liebt es Gesellschaft zu haben", wie seine Tochter Lynley uns in Queenstown verraten hatte. Und der alte Mann stellte sich als rührend guter Gastgeber heraus. Nach einem ausgedehnten drei-Gänge-Dinner (kochen konnte er auch!), machten wir noch einen Spaziergang entlang der Küste von Greymouth (und das obwohl der gute Mann um diese Uhrzeit normalerweise schon im Bett liegt).

 Vom Wind geformter Baum bei Hokitika, Sonnenuntergang in Greymouth, Küstenabschnitt an der nördlichen West Coast

Am nächsten Morgen bekamen wir ein exzellentes Frühstück und fuhren anschließend mit Roy, der darauf bestanden hatte, durch Greymouth, sodass er uns den Ort ein wenig näher bringen konnte. Tatsächlich ist dieses Städtchen gar nicht so grau, wie es der Name vermuten lässt. Es hat seinen Namen vom Grey River, der hier ins offene Meer fließt. Die Leute hier leben von Kohleabbau und Fischerei - und auch das Wetter verwöhnt sie nicht gerade. Roy hat uns versichert, dass das Wetter hier meist sehr schlecht ist.

Nachdem wir uns von unserem Gastgeber verabschiedet hatten, fuhren wir entlang des State Highways in Richtung Westport. Auf diese Weise kamen wir an den Pancake Rocks von Punakaiki vorbei. Diese Felsen sehen aus, wie übereinander gestapelte Pfannkuchen und säumen die Küste vor dem kleinen Dorf. Auf dem Parkplatz lief uns auch gleich eine weitere Rarität über den Weg. Es handelte sich um einen Weka (wie der Kiwi ein Laufvogel; wird von Touristen gerne mit dem Kiwi verwechselt). Die Tiere sind, genau wie die Kiwis, vom Aussterben bedroht.

Auf einem Rundweg an der Küste konnten wir die urtümlichen Felsformationen betrachten. Einige Minuten und viele Fotos später, stiegen wir wieder in unser Auto. Weiter ging es ins Landesinnere. Wir bogen bei Westport ab und folgten der Strecke in Richtung Murchison. Immer entlang des wunderschönen Buller Rivers schlängelte sich die Straße. Wir machten bei einer absoluten Touristenattraktion Halt - der Buller Gorge Swingbridge. Für 5 Dollar darf sich der geneigte Tourist über eine Hängebrücke quälen. Auf diese Weise überquert man den Buller-Fluss, der unter einem seine Bahnen zieht. Auf der anderen Seite führt ein Weg am Fluss entlang und führt einen wieder zurück zur wackeligen Brücke. Die ganze Aktion war eine willkommene Abwechslung zur Autofahrt und, zumindest für 50 Prozent von uns, eine gehörige Mutprobe.


 Weka, Pancake Rocks, Buller Gorge Swingbridge

Auf dem restlichen Weg nach Picton ging es verhältnismäßig eintönig zu. Wir stoppten zwar kurz am Lake Rotoito, fuhren aber abgesehen davon auf direktem Wege in die kleine Stadt, von der aus am morgigen Tag die Fähre nach Wellington unseren Südinsel-Aufenthalt beendet.

Mittwoch, 20. Februar 2013

Franz Josef

9. Etappe: Franz Josef

Nein, dass wir auf unserer Reise über die Südinsel in einem Ort landen würden, der nach einem österreichischen Kaiser benannt worden ist, hätten wir nicht gedacht. Als der deutsche Entdecker Julius von Haast 1865 einen der Gletscher in den Westlands nach Franz Joseph dem I. benannte, erbte der kleine Ort vor dem Gletscher den selben Namen.

Und so endete die neunte Etappe unserer Reise eben in Franz Josef. Vorher hatten wir uns von den Shewans verabschiedet und waren vorbei an dem wunderschönen Lake Hawea, nördlich von Wanaka, in Richtung des Mount Aspiring National Park gefahren. Kurz bevor wir in die dicht bewaldete Gebirgsregion eintauchten, zwang uns ein verunglückter Motorradfahrer zu einer Pause. Auf "Logenplätzen" mussten wir mitansehen, wie er per Helikopter nach Queenstown geflogen wurde. Das dämpfte die Stimmung und brachte unseren Zeitplan ein wenig durcheinander.



Lake Hawea, Blick vom Makarora River auf den Mount Aspiring National Park, Blue Pools am Haast Pass

Dennoch stoppten wir am Haast Pass und den dortigen Blue Pools. Nach etwa 20 Minuten Spaziergang erreichten wir die klaren, gletschergespeisten Pools. Sie luden rein optisch zum Plantschen ein - waren aber saukalt. Und da wir es ohnehin eilig hatten, ging es weiter in Richtung Jackson Bay.

Diese raue Küstenregion ist nicht nur für Pingiune ein Paradies, sondern auch für Liebhaber von Fish and Chips. In einem kleinen Waggon wird in dem etwa drei Häuser und einen Hafen fassenden Dorf, überregional bekannt und gelobt, Fisch frittiert und zum Verzehr angeboten. Selbstredend ließen wir uns das (auf Helges Verlangen hin) nicht entgehen.



Gegend bei Jackson Bay, Strand an der West Coast, erster Blick auf den Fox Glacier

Zurück auf der Piste mussten wir mit Plum den Turbo-Gang einlegen, um rechtzeitig in unserem Hostel in Franz Josef anzugelangen. Nachdem wir unser Gepäck abgeladen hatten und uns wetter- und vor allem windfest angezogen hatten, schwangen wir uns wieder in den Polo. Das Ziel des heutigen Abends: Okarito. Das Zuhause des seltenen Okarito-Kiwis.

Angekommen an unserem Zielort, wurden wir von dem irischen Kiwi-Such-Experten Ian begrüßt, der beinahe euphorischer wirkte als wir sieben Teilnehmer zusammen. Bevor wir uns in den Urwald begaben, wurden wir von Ian auf ein Abenteuer eingestellt, bei dem nicht nur sein Können als Kiwi-Experte gefragt ist, sondern vor allem auch unsere Mitarbeit von besonderer Bedeutung ist. Jeder solle Augen und Ohren offen halten für jegliche Anzeichen eines nahenden Kiwis. Glücklicherweise erfuhren wir, dass Kiwis im Vergleich zu ihrem restlichen Körper besonders große Füße haben (25% ihres Körpergewichts), weswegen sie sich keinesfalls geräuschlos durch den Urwald bewegen, sondern verhältnismäßig viel Lärm machen. Darüberhinaus wurden uns die Laute der männlichen und weiblichen Kiwis vorgespielt, um sie später von den Rufen der neuseeländischen Eule (Morepork) unterscheiden zu können. Ians mitreißende Art hatte bereits nach wenigen Minuten auch den größten Kiwi-Muffel unter den Teilnehmern für unser abendliches Unternehmen motiviert, um "das beinahe Unmögliche möglich zu machen". Jeder wusste, dass unser Vorhaben "extremely difficult" sein würde. Auf einer Fläche von 100km² leben gerade einmal 385 Kiwis. Zudem ist um Okarito eine Kiwi-Spezies beheimatet, die Rowis oder Okarito-Brown-Kiwis, die an keinem anderen Ort auf der Welt zu finden sind. Dieses somit extrem seltene Lebewesen teilt sich jeweils mit seinem Partner ein Territorium, das ungefähr der Größe von sechs Fußballfeldern entspricht. Bei Einbruch der Nacht kommen Kiwis, die ungefähr so groß sind wie Hühner, aus ihren Höhlen gekrochen, in denen sie sich den ganzen Tag über aufhalten. Aufgrund eines ausgesprochen guten Geruchs- und Hörsinns können sie sich in der Dunkelheit sehr gut zurecht finden und sich auf Nahrungssuche begeben. Sollte sich dabei eine brenzliche Situation für den Kiwi ergeben, reagiert er mit einem der folgenden vier Verhaltensmuster, die im Englischen lustigerweise alle mit F beginnen: 1. Fight/Kämpfen: Um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, hält sich der Kiwi mit seinem Schnabel am Gegner fest und beginnt den Feind zu treten. 2. Flight/Flucht: Wenn alles nichts mehr hilft, heißt es einfach: Rückzug! 3. Feather/Feder: Um den Gegner für einen kleinen Moment in eine Art Schockzustand zu versetzen, kann der Kiwi von einem Moment zum nächsten den Gegner mit einem ganzen Haufen Federn beschießen. 4.Freeze/Erstarren: Um der Aufmerksamkeit des Gegners zu entrinnen, verharren Kiwis in einigen Situationen einfach für einige Zeit bewegungslos. Dank Ian hörten wir an diesem Abend jede Menge Fakten über Kiwis, von denen wir zuvor noch nie etwas gehört hatten. 
Damit unsere Kiwi-Safari nun endlich starten konnte, fuhren wir mitten in den nahegelegenen Urwald und folgten einem kleinen Pfad. Helge und ich wurden von Ian dazu auserkoren, eine besondere Rolle einzunehmen. Wir waren seine Kontaktpersonen und sollten ihn bei der getrennten Suche nach Kiwis zu jeder Zeit über wahrgenommene Bewegungen in unserer näheren Umgebung informieren. Sobald ein Gruppenmitglied - unsere Gruppe bestand aus 7 Leuten plus Ian - eine Bewegung wahrgenommen hatte, sollte sich die gesamte Gruppe so schnell wie möglich an diesem Ort sammeln, um den Kiwi dabei zu beobachten, wie er den Pfad überquert. Aufgrund der großen Füße mache der Kiwi so viel Lärm, dass er ab einer Entfernung von etwa 30 Metern gehört werden könne. 
Soweit die Theorie. In der Realität flogen uns pausenlos Mücken um den Kopf (die glücklicherweise durch ein Netz von unseren Gesichtern abgehalten wurden), sodass wir kaum andere Geräusche als das ständige Surren dieser Mistviecher wahrnehmen konnten. Wären wir einzig auf unsere Sinne angewiesen gewesen, hätten wir unser Ziel vermutlich weit verfehlt. Doch Ian hatte ein weiteres Ass im Ärmel: Da die Kiwis unter ständiger Beobachtung des DOC (Department of Conservation) stehen, trägt jeder Kiwi einen Transmitter, dessen Signal recht exakt geortet werden kann. Das nötige Equipment dafür hatte Ian bei sich. 
Trotz der tollen Team-Lausch-Arbeit und Ians High-Tech-Ausrüstung standen wir 2 1/2 Stunden beinahe regungslos im Wald und hofften auf eine kurze Begegnung mit diesem possierlichen Tier. Immer wieder mussten wir uns im Gänsemarsch den Pfad hoch oder runter bewegen, da Ian das ersehnte Kiwi-Weibchen namens Beaumont wieder an einem anderen Ort vermutete. Jede Bewegung schien unendlich laut und barg die Gefahr, den Kiwi wieder zu verscheuchen. Dann endlich hörten wir ein recht regelmäßiges Stapfen durch das genau vor uns befindliche Gestrüpp. Ein Kiwi war nur noch wenige Meter von uns entfernt. Ian schaltete seine Rotlicht-Taschenlampe an und auf einmal streckte sich nur 2-3 Meter entfernt von uns ein langer Schnabel aus dem Gestrüpp. Wenige Sekunden später tappte, fast ein bisschen tollpatschig wirkend, die Kiwi-Dame über den Pfad und verschwand nach wenigen Sekunden wieder im dichten Urwald auf der anderen Seite. Für uns waren es wenige Sekunden puren Glücks. Einen Kiwi in freier Wildbahn zu sehen, ist wirklich etwas ganz tolles, besonders wenn man das Gefühl hat, dass man ihn in möglichst geringem Maß beeinflusst oder beeinträchtigt hat und er einfach das macht, was er auch sonst getan hätte. 


Franz Josef Glacier und Lake Matheson




Heute Morgen ließen wir es erstmal ruhig angehen und genossen den Sieg des FC Bayern über Arsenal. Als der vollständig ausgekostet war, fuhren wir zum nahegelegenen Franz-Josef-Gletscher. Zusammen mit dem benachbarten Fox-Gletscher ist dieser einer der am niedrigsten über Meereshöhe (circa 400 m) gelegene Gletscher mittlerer Breite. Das hat netterweise zur Folge, dass man in nur 45 Minuten Wanderung vom Parkplatz aus das Gletschertor erreichen kann.



Wasserfall im Gletschertal, Franz-Josef-Gletscher, Lake Matheson

Über Geröll und kleinere Steine, die der Gletscher irgendwann einmal im Tal abgeladen hat, ging es - vorbei an einigen Wasserfällen - bis auf 500 m an den Gletscher heran. Ohne Führer darf man nicht weiter, da die Gefahr zu groß ist, von plötzlich herabstürzenden Felsbrocken erschlagen zu werden oder in Gletscherspalten auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.

Nachdem wir den Gletscher ausgiebig begutachtet und für schön befunden hatten, stiegen wir wieder ins Auto. Im Nachbarort Fox Glacier, der seinen Namen ebenfalls kreativerweise dem angrenzenden Gletschergebiet verdankt, bogen wir in Richtung Matheson-See ab. Dort machten wir eine eineinhalbstündige Wanderung um den See herum, picknickten und kehrten zu einem Kaffee ein. Bei einer Rast hatten wir übrigens ein Ehepaar aus Deutschland getroffen (beide in Kassel geboren, haben dort studiert und ihrem Professor Arnold Bode bei den Vorbereitungen zur ersten documenta geholfen). Heute wohnen sie in Australien.

Fox-Gletscher

 



Auch wenn unser toller Urlaub nun dem Ende entgegen geht, hatten wir ein letztes Highlight für den heutigen Tag geplant. Wir machten uns morgens in Franz Josef auf den Weg, um pünktlich um 9:00 Uhr in Fox Glacier Town anzulanden. Dort versammelten wir uns mit anderen Reisenden im Gebäude des örlichen Gletscherführungsveranstalters.

Nach einigen einleitenden Worten wurden wir von unseren Guides Sam und Eli mit Wanderschuhen und Steigeisen ausgerüstet - und ab ging es Richtung Gletscher. Vom Parkplatz führte ein Wanderweg hin zu dem Punkt, an dem für die "Normalos" Schluss ist. Ab hier  darf man nur noch unter professioneller Führung weitergehen. Nach etwa einer Stunde hatten wir zum ersten Mal Eis unter den Sohlen.

Der Fox Glacier ist, zusammen mit dem Franz-Josef-Gletscher, einer der wenigen Gletscher, die noch bis Ende der 90er Jahre wuchsen. Während er 1988 winzig klein und kurz vor dem Verschwinden war, begann er in den darauffolgenden Jahren stetig zu wachsen. 1998 erreichte er die größte Fläche seit etwa hundert Jahren - von da an ging es aber dem globalen Trend folgend bergab. Eine riesige von Felsen bedeckte Fläche unterhalb des Gletschers sowie an den ihn umgebenden Berghängen lässt nur noch erahnen, wie groß der Gletscher 2008 war. Momentan verliert er ungefähr 200 Meter Länge und 20 Meter Höhe pro Jahr.

Bilder von der Wanderung auf dem Fox Glacier


Dass wir also noch eine gute Stunde auf dem Gletscher herumspazieren konnten, sollte man nicht als selbstverständlich hinnehmen. Und wir genossen jede Sekunde von unserer Gletscherwanderung. Immer wieder schlug Sam an steilen Stellen mit einem Eispickel Stufen in das Eis. Und wir Touris waren darüber mehr als froh. Denn trotz der Hilfsmittel unter unseren Füßen, fühlten wir uns nicht besonders sicher auf dem höllisch glatten Terrain.

Vorbei ging es tiefen mit Wasser gefüllten Gletscherspalten (an einigen Stellen konnte man das Schmelzwasser sogar unter seinen Füßen durchrauschen hören), riesigen von Wind und Wetter ausgewaschenen Wänden und an beinahe künstlich wirkenden Eisgebilden. Am Ende unserer Tour durchquerten wir noch eine dieser Gletscherspalten und kehrten dann wieder auf festen Boden zurück.
 


Queenstown

8. Etappe: Queenstown

 




"AA", die führende Autoversicherung Neuseelands, hat in einem Straßenatlas, den wir uns zugelegt haben, eine Liste mit Sehenswürdigkeiten herausgegeben. In ihr sind die "101 Must-Dos for Kiwis" zu finden. Auf Platz eins dieser Auflistung findet sich der Milford Sound wieder, und diesen haben wir heute besucht.

Los ging es gewohnt früh (ist das eigentlich Urlaub?) ins Zentrum von Queenstown. Dort stiegen wir in einen Reisebus, der uns zum Milford Sound bringen würde. Diese Region ist nur etwa 100 km Luftlinie von Queenstown entfernt, aber man muss einen großen Umweg über die Southlands und Te Anau hinnehmen, um dorthin zu gelangen. Auf der Fahrt erhielten wir von unserem Busfahrer in reißerischem Tonfall mehr oder minder interessante Informationen und hielten gelegentlich zusammen mit mindestens 200 anderen Reisenden aus anderen Bussen an kurzen Walking Tracks und Sehenswürdigkeiten. Menschenansammlungen dieses Ausmaßes sind uns mittlerweile fremd, und wir fühlten uns mitunter wie in einer Tourismus-Fabrik. Nichtsdestotrotz genossen wir es, dass wir einmal nicht selbst fahren mussten und sich um alles gekümmert wurde.

 Fiordland: Mirror Lake (links), Mitte: Kea (vom Aussterben bedrohte Papageienart, die es auf Gummi-Dichtungen von Autos abgesehen hat), rechts: Gebirge beim Eingang zum Milford Sound
 
Nach fünfeinhalb Stunden waren wir dann am Fähranleger vom Milford Sound. Wenige Minuten später ging es auf die "Pride of Milford", von der wir in einer eineinhalbstündigen Tour hinaus ins offene Meer und wieder zurück durch die spektakuläre Landschaft des Milford Sounds getragen wurden.

Beim Milford Sound handelt es sich eigentlich nicht um einen Sund (einem durch Flüsse ausgewaschenen und unter Meeresniveau gesenkten Tal), sondern um einen Fjord. Fjorde werden durch Gletscher geformt und später durch das Meer geflutet. Wenige hundert Meter links und rechts von unserem Boot erhoben sich die majestätischen Berge direkt aus dem Wasser. Wenn es viel regnet, kann man hier zahlreiche Wasserfälle beobachten. Sobald wir jedoch einen Fuß auf das Schiff gesetzt hatten, bahnte sich die Sonne einen Weg durch die Wolken und schien den ganzen Nachmittag auf uns hinab. Daher sahen wir zwar nicht so viele  Wasserfälle, blieben aber trocken und konnten die Fahrt vollends genießen.

Der atemberaubend schöne Milford Sound

Auf dem Rückweg wurde im Bus viel geschlafen. Höhepunkte waren eine Schafherde, die die Straße überquerte, sowie das Schauen einer DVD (Whale Rider; neuseeländischer Film mit und über Maori). Am Abend trafen wir gegen Acht Uhr bei Lynley und Don und ihrer Tochter Mackenzie ein. Don ist der Bruder von Lyn, bei der wir in Dunedin haben übernachten dürfen. Hier mitten in Queenstown werden wir die kommenden drei Nächte verbringen - und tagsüber die Umgebung unsicher machen.

Wanaka


Nach den sehr ereignisreichen zwei letzten Tagen, hatten wir uns für den heutigen Tag vorgenommen, vor allem erst einmal richtig auszuschlafen. Auf der Rückfahrt vom Milford Sound hatten wir uns beide recht übermannt gefühlt von all den tollen Erlebnissen und Eindrücken, sodass es gut war, alles ein wenig langsamer angehen zu lassen. 

Um unseren Bekannten für ihre Gastfreundschaft zu danken, half Helge gegen Mittag beim Möbelschleppen, während Kathi in der Küche half, den Grillabend vorzubereiten. Als wir dann (endlich) gegen 14 Uhr nach Wanaka aufbrachen, verpassten wir zu allem Überfluss die Zufahrt zum direkten Weg zu unserem Zielort, sodass sich unsere Fahrt auf 1 ½ Stunden verlängerte. Angekommen blieb somit keinerlei Zeit für große Wanderungen, sodass wir uns kurzerhand beim atemberaubenden Anblick des in der Blick von der Terrasse der Shewans in Queenstown     Sonne glitzernden Sees für eine 
                                                                                                       kleine Kajak-Tour entschieden. 


Da Helge und Kathi keinerlei Erfahrungen mit gemeinsamem Kajaken hatten, sollte sich der kleine Trip zu einem Abenteuer entwickeln. Immer wieder mussten wir unheimlich viel Kraft aufwenden, um das Boot wieder in die beabsichtigte Richtung zu lenken. Sobald die Ausrichtung des Boots wieder zu stimmen schien, kam es auch schon wieder vom eigentlichen Kurs ab. Als wir dementsprechend entkräftet wieder am Strand ankamen und das Kajak an Land zogen, bemerkte Helge, dass sich eine Finne am Ende unseres Kajaks befand, die wir leider vergessen hatten, herunterzuklappen. Aufgrund unseres bevorstehenden dreistündigen Kajak-Trips am darauffolgenden Tag waren wir sehr erleichtert, dass wir mithilfe der Finne einen ähnlichen Zick-Zack-Kurs dann wohl vermeiden könnten.
Urlaubsstimmung am Lake Wanaka

Am Abend durften wir ein weiteres Mal das hervorragende Essen von Lynley genießen und ließen unseren Abend trotz des späten Aufbruchs am Morgen relativ früh enden.

Besuch im Paradies

 

Blick auf den Wakatipu-See (im Hintergrund sieht man die Berge vom Mount Aspiring National Park)



Für den heutigen Tag stand unsere große Kajaktour auf dem Wakatipu-See von Queenstown an. Bei herrlichem Sonnenschein (und etwas spät in der Zeit) eilten wir zum Main Town Beach. Dort wartete unser rotes Sea Kayak auf uns. Nach wenigen Minuten auf dem See stellten wir fest, dass wir bereits ein eingespieltes Paddler-Team bildeten. Und so hatten wir keine Mühe, mit unseren drei Mitstreitern und Josh, unserem Anleiter, mitzuhalten. 

Es ging hinaus auf den wunderschönen See, die Remarkables immer im Blick. Wir fuhren ein paar Kilometer entlang des Seeufers und machten Rast an einem einsamen Kiesstrand. Von dort aus ging es wieder zurück zum Ausgangspunkt unseres Paddel-Ausflugs. Selbst Helge – als überzeugter Ruderer natürlich anfangs skeptisch – musste sich eingestehen, dass diese Art der Fortbewegung auf dem Wasser enorm viel Spaß macht!

Lake Wakatipu, der zweitgrößte See Neuseelands, an dem auch Queenstown liegt

Nach einem Imbiss im Irish Pub spazierten wir entlang des Sees zurück zum Haus von Lynley und Don, sprangen in unser kleines Auto und begannen unsere Fahrt nach Glenorchy. Glenorchy ist ein kleiner malerischer Ort am Rande des Mount Aspiring National Parks – etwa eine Stunde von Queenstown entfernt. Schon auf der Fahrt dorthin boten sich mehrere atemberaubende Ausblicke auf den See und die ihn umgebende Landschaft.

Wir passierten Glenorchy (Werbespruch: Gateway to Paradise), um an einen weiter entfernten, noch schöneren Ort zu gelangen: das Paradies. „Paradise“ – so heißt ein ominöses Dorf auf den Karten der Umgebung Queenstowns. Hier wurden die Szenen für Herr der Ringe gedreht, die im Elbental Lothlorien spielen. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen.

Gegend um Glenorchy: Lake Wakatipu, Bäume in Glenorchy, Pigeon Island

Bevor wir aber das Paradies erreichten, mussten wir die Hölle passieren. Die Hölle empfing uns in Form einer endlosen Schotterstraße, die übersät war von Furchen und Löchern, die unserem Polo sicherlich nicht allzu gut bekommen. Als wir dann an eine Stelle kamen, an der man einen Bachlauf queren musste, war Schluss mit lustig. Das konnten wir Plum nun wirklich nicht mehr antun. Ehrlich gesagt, hatten wir ziemlich Schiss hier mitten in der Pampa einen Totalschaden zu erleiden.
Welch Glück für uns, dass ein älteres englisches Ehepaar in einem Leihwagen mit Allradantrieb des Weges kam, das uns bereitwillig ins Paradies chauffierte.

Bilder aus "Paradise"

Es stellte sich allerdings heraus, als wir das Ende der Straße erreicht hatten, dass mit Paradise mitnichten ein Ort im Sinne mindestens eines bewohnten Hauses gemeint war, sondern vielmehr das Tal, durch das der Dart River fließt. Im Sommer und bei wenig Regen zieht der Fluss sanft und flach seine Bahnen, wenn im Frühjahr jedoch der Schnee in den Bergen der Gegend schmilzt oder es stark regnet, schwillt er auf monströse Maße an und reißt alles mit, was nicht Niet und nagelfest ist.  Auf dem kleinen Unterstand am Parkplatz vor den abzweigenden Wanderwegen war ein Schild mit dem Hinweis angebracht, dass Personen, die sich hier aufhalten, wenn starker Regen einsetzt, gar nicht erst versuchen sollen auf der Gravel Road nach Hause aufzubrechen, sondern hier im Unterschlupf auf Rettung warten sollen. Der Dart River und seine Zuflüsse würden bei Starkregen ein Heimfahren auf der Schotterpiste zu einem gefährlichen und bisweilen unmöglichen Unterfangen machen.
Auf dem Rückweg verabschiedeten wir uns bei unseren britischen Freunden, schossen wir noch ein paar Postkartenfotos und kehrten dann wieder bei „Hotel Shewan“ ein (die grenzenlose Gastfreundschaft dieser Familie macht uns inzwischen schon verlegen).