8. Etappe: Queenstown
"AA", die führende Autoversicherung Neuseelands, hat in einem
Straßenatlas, den wir uns zugelegt haben, eine Liste mit Sehenswürdigkeiten
herausgegeben. In ihr sind die "101 Must-Dos for Kiwis" zu finden.
Auf Platz eins dieser Auflistung findet sich der Milford Sound wieder, und
diesen haben wir heute besucht.
Los ging es gewohnt früh (ist das eigentlich Urlaub?) ins
Zentrum von Queenstown. Dort stiegen wir in einen Reisebus, der uns zum Milford
Sound bringen würde. Diese Region ist nur etwa 100 km Luftlinie von Queenstown
entfernt, aber man muss einen großen Umweg über die Southlands und Te Anau
hinnehmen, um dorthin zu gelangen. Auf der Fahrt erhielten wir von unserem
Busfahrer in reißerischem Tonfall mehr oder minder interessante Informationen
und hielten gelegentlich zusammen mit mindestens 200 anderen Reisenden aus
anderen Bussen an kurzen Walking Tracks und Sehenswürdigkeiten.
Menschenansammlungen dieses Ausmaßes sind uns mittlerweile fremd, und wir
fühlten uns mitunter wie in einer Tourismus-Fabrik. Nichtsdestotrotz genossen
wir es, dass wir einmal nicht selbst fahren mussten und sich um alles gekümmert
wurde.
Nach fünfeinhalb Stunden waren wir dann am Fähranleger vom
Milford Sound. Wenige Minuten später ging es auf die "Pride of
Milford", von der wir in einer eineinhalbstündigen Tour hinaus ins offene
Meer und wieder zurück durch die spektakuläre Landschaft des Milford Sounds
getragen wurden.
Beim Milford Sound handelt es sich eigentlich nicht um einen
Sund (einem durch Flüsse ausgewaschenen und unter Meeresniveau gesenkten Tal),
sondern um einen Fjord. Fjorde werden durch Gletscher geformt und später durch
das Meer geflutet. Wenige hundert Meter links und rechts von unserem Boot
erhoben sich die majestätischen Berge direkt aus dem Wasser. Wenn es viel
regnet, kann man hier zahlreiche Wasserfälle beobachten. Sobald wir jedoch
einen Fuß auf das Schiff gesetzt hatten, bahnte sich die Sonne einen Weg durch
die Wolken und schien den ganzen Nachmittag auf uns hinab. Daher sahen wir zwar
nicht so viele Wasserfälle, blieben aber
trocken und konnten die Fahrt vollends genießen.
Auf dem Rückweg wurde im Bus viel geschlafen. Höhepunkte
waren eine Schafherde, die die Straße überquerte, sowie das Schauen einer DVD
(Whale Rider; neuseeländischer Film mit und über Maori). Am Abend trafen wir
gegen Acht Uhr bei Lynley und Don und ihrer Tochter Mackenzie ein. Don ist der
Bruder von Lyn, bei der wir in Dunedin haben übernachten dürfen. Hier mitten in
Queenstown werden wir die kommenden drei Nächte verbringen - und tagsüber die
Umgebung unsicher machen.
Wanaka
Nach den sehr ereignisreichen zwei letzten Tagen, hatten wir
uns für den heutigen Tag vorgenommen, vor allem erst einmal richtig
auszuschlafen. Auf der Rückfahrt vom Milford Sound hatten wir uns beide recht
übermannt gefühlt von all den tollen Erlebnissen und Eindrücken, sodass es gut
war, alles ein wenig langsamer angehen zu lassen.
Um unseren Bekannten für ihre Gastfreundschaft zu danken,
half Helge gegen Mittag beim Möbelschleppen, während Kathi in der Küche half,
den Grillabend vorzubereiten. Als wir dann (endlich) gegen 14 Uhr nach Wanaka
aufbrachen, verpassten wir zu allem Überfluss die Zufahrt zum direkten Weg zu
unserem Zielort, sodass sich unsere Fahrt auf 1 ½ Stunden verlängerte.
Angekommen blieb somit keinerlei Zeit für große Wanderungen, sodass wir uns
kurzerhand beim atemberaubenden Anblick des in der Blick von der Terrasse der Shewans in Queenstown Sonne glitzernden Sees für
eine
kleine Kajak-Tour entschieden.
Da Helge und Kathi keinerlei Erfahrungen
mit gemeinsamem Kajaken hatten, sollte sich der kleine Trip zu einem Abenteuer
entwickeln. Immer wieder mussten wir unheimlich viel Kraft aufwenden, um das
Boot wieder in die beabsichtigte Richtung zu lenken. Sobald die Ausrichtung des
Boots wieder zu stimmen schien, kam es auch schon wieder vom eigentlichen Kurs
ab. Als wir dementsprechend entkräftet wieder am Strand ankamen und das Kajak
an Land zogen, bemerkte Helge, dass sich eine Finne am Ende unseres Kajaks
befand, die wir leider vergessen hatten, herunterzuklappen. Aufgrund unseres
bevorstehenden dreistündigen Kajak-Trips am darauffolgenden Tag waren wir sehr
erleichtert, dass wir mithilfe der Finne einen ähnlichen Zick-Zack-Kurs dann
wohl vermeiden könnten.
Urlaubsstimmung am Lake Wanaka
Am Abend durften wir ein weiteres Mal das hervorragende Essen von Lynley genießen und ließen unseren Abend trotz des späten Aufbruchs am Morgen relativ früh enden.
Besuch im Paradies
Blick auf den Wakatipu-See (im Hintergrund sieht man die Berge vom Mount Aspiring National Park)
Für den heutigen Tag stand unsere große Kajaktour auf dem
Wakatipu-See von Queenstown an. Bei herrlichem Sonnenschein (und etwas spät in
der Zeit) eilten wir zum Main Town Beach. Dort wartete unser rotes Sea Kayak
auf uns. Nach wenigen Minuten auf dem See stellten wir fest, dass wir bereits
ein eingespieltes Paddler-Team bildeten. Und so hatten wir keine Mühe, mit
unseren drei Mitstreitern und Josh, unserem Anleiter, mitzuhalten.
Es ging hinaus auf den wunderschönen See, die Remarkables
immer im Blick. Wir fuhren ein paar Kilometer entlang des Seeufers und machten
Rast an einem einsamen Kiesstrand. Von dort aus ging es wieder zurück zum
Ausgangspunkt unseres Paddel-Ausflugs. Selbst Helge – als überzeugter Ruderer
natürlich anfangs skeptisch – musste sich eingestehen, dass diese Art der
Fortbewegung auf dem Wasser enorm viel Spaß macht!
Lake Wakatipu, der zweitgrößte See Neuseelands, an dem auch Queenstown liegt
Nach einem Imbiss im Irish Pub spazierten wir entlang des
Sees zurück zum Haus von Lynley und Don, sprangen in unser kleines Auto und
begannen unsere Fahrt nach Glenorchy. Glenorchy ist ein kleiner malerischer Ort
am Rande des Mount Aspiring National Parks – etwa eine Stunde von Queenstown
entfernt. Schon auf der Fahrt dorthin boten sich mehrere atemberaubende
Ausblicke auf den See und die ihn umgebende Landschaft.
Wir passierten Glenorchy (Werbespruch: Gateway to Paradise),
um an einen weiter entfernten, noch schöneren Ort zu gelangen: das Paradies.
„Paradise“ – so heißt ein ominöses Dorf auf den Karten der Umgebung
Queenstowns. Hier wurden die Szenen für Herr der Ringe gedreht, die im Elbental
Lothlorien spielen. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen.
Gegend um Glenorchy: Lake Wakatipu, Bäume in Glenorchy, Pigeon Island
Bevor wir aber das Paradies erreichten, mussten wir die
Hölle passieren. Die Hölle empfing uns in Form einer endlosen Schotterstraße,
die übersät war von Furchen und Löchern, die unserem Polo sicherlich nicht
allzu gut bekommen. Als wir dann an eine Stelle kamen, an der man einen
Bachlauf queren musste, war Schluss mit lustig. Das konnten wir Plum nun wirklich
nicht mehr antun. Ehrlich gesagt, hatten wir ziemlich Schiss hier mitten in der
Pampa einen Totalschaden zu erleiden.
Welch Glück für uns, dass ein älteres englisches Ehepaar in
einem Leihwagen mit Allradantrieb des Weges kam, das uns bereitwillig ins
Paradies chauffierte.
Bilder aus "Paradise"
Es stellte sich allerdings heraus, als wir das Ende der
Straße erreicht hatten, dass mit Paradise mitnichten ein Ort im Sinne
mindestens eines bewohnten Hauses gemeint war, sondern vielmehr das Tal, durch
das der Dart River fließt. Im Sommer und bei wenig Regen zieht der Fluss sanft
und flach seine Bahnen, wenn im Frühjahr jedoch der Schnee in den Bergen der
Gegend schmilzt oder es stark regnet, schwillt er auf monströse Maße an und
reißt alles mit, was nicht Niet und nagelfest ist. Auf dem kleinen Unterstand am Parkplatz vor
den abzweigenden Wanderwegen war ein Schild mit dem Hinweis angebracht, dass
Personen, die sich hier aufhalten, wenn starker Regen einsetzt, gar nicht erst
versuchen sollen auf der Gravel Road nach Hause aufzubrechen, sondern hier im
Unterschlupf auf Rettung warten sollen. Der Dart River und seine Zuflüsse
würden bei Starkregen ein Heimfahren auf der Schotterpiste zu einem
gefährlichen und bisweilen unmöglichen Unterfangen machen.
Auf dem Rückweg verabschiedeten wir uns bei unseren
britischen Freunden, schossen wir noch ein paar Postkartenfotos und kehrten
dann wieder bei „Hotel Shewan“ ein (die grenzenlose Gastfreundschaft dieser
Familie macht uns inzwischen schon verlegen).
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