Donnerstag, 7. Februar 2013

Christchurch

4. Etappe: Christchurch

Am frühen Morgen trennten sich die Wege von Nicky, Mira und uns. Während die beiden Erstgenannten weiter in den Norden in Richtung Farewell Spit aufbrachen (dem nördlichen Zipfel der Südinsel), zog es uns nach Christchurch, wo wir bei Jayne, der Schwester von Kathis ehemaliger Gastmutter, übernachten würden. Der Weg führte uns über Nelson nach Blenheim. Hier sind die Straßen von Weinstöcken gesäumt. Für einen Schluck Wein wollten wir aber nicht anhalten, denn als Zwischenstopp hatten wir Kaikoura ausgemacht. Etwa 3 Stunden später langten wir dort auch an.

Der kleine Ort Kaikoura liegt mitten im Nirgendwo. Die 200km Strecke von Blenheim nach Kaikoura sind von sehr rauer Landschaft geprägt, die Gegend ist sehr einsam. Plötzlich tut sich dann Kaikoura vor einem auf: Links das türkisfarbene Meer, rechts die "Kaikoura Seawards"-Berge. Die Landschaft ist ein Traum!

Da bei Kaikoura das Meer nach wenigen Metern sehr tief wird, kommen nicht nur Delfine, sondern auch Wale sehr nah vor die Küste geschwommen. Das Fyffe-Haus einer alten Walfängerfamilie ist auf den Knochen von Walen errichtet worden. Die Region lebte früher vom Walfang, heute werden die "einheimischen" Wal-Familien lediglich per Boot besichtigt und Langusten haben Wale auf dem Teller ersetzt. Außerdem gibt es im Meer vor Kaikoura zahlreiche Seehunde.



Seehunde in der Half Moon Bay bei Kaikoura

In der Half Moon Bay, wenige Kilometer nördlich von Kaikoura, konnten wir dann auch viele dieser Exemplare beobachten. Beinahe auf jedem einzelnen Felsen der Küste lag mindestens ein fauler Seehund und sonnte sich.

Angekommen in Kaikoura machten wir eine Mittagspause und fuhren dann ein wenig weiter auf die vorgelagerte Halbinsel. Von dem dortigen Track, der die Hügel der Halbinsel hinaufführt, boten sich wunderbare Ausblicke auf die Berge und das Meer.




Kiesstrand vor Kaikoura, Korallenriffe bei der Halbinsel

Als wir wieder ins Auto steigen wollten, es warteten ja schließlich noch knapp 3 Stunden Fahrt nach Christchurch auf uns, staunten wir allerdings noch ein bisschen mehr. Keine fünf Meter von uns lag ein Seehund in der Mitte vom Parkplatz und hielt ein Nickerchen. Wir hielten ein wenig Sicherheitsabstand, da diese Tiere, wenn sie verwirrt sind oder sich bedroht  fühlen, sehr ungemütlich werden können...

Pünktlich um sieben Uhr erreichten wir das Ziel dieser Etappe. Christchurch wirkte auf den ersten Metern überhaupt nicht wie die drittgrößte Stadt Neuseelands, und auch von den Schäden des verheerenden Erdbebens sahen wir zunächst nicht viel. Als wir uns der Innenstadt näherten, waren dann aber doch noch einige Straßen gesperrt, viele Arbeiten an der Asphaltdecke und hier und da konnte man sehen, wie die Kraft des Erdbebens von 2011 Geländer und Halterungen für Straßenschilder spielerisch verbogen hatte.

Bei Jayne angekommen wurden wir herzlich empfangen und nach einem gemütlichen Abend ließen wir uns in die weichen Betten fallen.

Akaroa, ein lang ersehntes Wiedersehen und die zerstörte Stadt  

 

Unser zweiter Tag in Christchurch begann mit einem ausgedehnten Frühstück und einem kleinen Einkauf, um unsere Essensvorräte wieder ein wenig aufzustocken. Als all diese Dinge erledigt waren, machten wir uns auf den Weg nach Akaroa, einem Ort auf der östlich von Christchurch gelegenen Banks-Peninsula. Wie ein gestrandeter Wal erstreckt sich die begrünte Landzunge in türkis-grünes Meer. Was früher mal ein Vulkan war, ist nun zum Teil eingefallen und der Pazifik eingeströmt. Auf diese Weise entstanden zwei Naturhäfen: Lyttleton und Akaroa.

Vor allem Akaroa erfreut sich nicht nur bei Neuseeländern größter Beliebtheit. Der Nachbarort von Akaroa wurde von einer Handvoll französischer Auswanderer gegründet. Als die von atemberaubenden Reiseberichten eines Landsmannes angelockten Siedler in Neuseeland ankamen, mussten sie erkennen, dass die Südinsel bereits von den  Briten annektiert worden war. Doch selbst diese Neuigkeit konnte sie nicht davon abbringen, Duvauchelle zu gründen. Dadurch lässt sich auch der Einfluss französischer Kultur auf der Banks-Halbinsel erklären, der auch vor Akaroa nicht Halt gemacht hat. Überall weht die Tricolore.




Oldtimer in Akaroa, Blick auf die Bucht 

Während wir uns per Auto von Christchurch aus auf den Weg gemacht hatten, hatte in der Bucht vor Akaroa ein Kreuzfahrtschiff geankert und seine Passagiere auf den kleinen Ort losgelassen. Daher war es dort für neuseeländische Verhältnisse sehr lebhaft. Wir fuhren einmal durch das Dorf hindurch, einen Hang hinauf in Richtung des Leuchtturms. Als die Straße nach einigen Kilometern zu einer Schotterpiste wurde, beschlossen wir Plum zu schonen und zu Fuß weiterzugehen. Der Ausblick auf das "Innere des Vulkans" war wunderschön.

Zurück im Ort machten wir einen Fish´n´Chips-Laden ausfindig, der uns empfohlen worden war. Und tatsächlich aßen wir hier zum ersten Mal das Lieblingsgericht der Neuseeländer ohne das Gesicht zu verziehen. Bei schönstem Urlaubswetter fuhren wir am Nachmittag wieder die Banks Peninsula gen Norden hinauf. Unser Ziel: der kleine Ort Lincoln. Dort kam es zu einem besonderen Wiedersehen.

Kathi traf dort ihre neuseeländische Freundin Beth wieder, die sie vor sechs Jahren in Dunedin kennen gelernt hatte. Wir saßen zusammen auf der Terrasse des einzigen Pubs von Lincoln und es wurden fleißig Geschichten von heute und damals ausgetauscht. Lincoln ist wirklich klein und liegt irgendwo in der Pampa, etwa 30 Kilometer entfernt von Christchurch. Dennoch wird der ort wohl immer Zulauf haben, denn hier befindet sich die Universität von Christchurch.

Auf unserem Rückweg nach "Chch" (wie die Einheimischen ihre Stadt abkürzen) fuhren wir durch Lyttleton, das einen Industriehafen und einige vom Einsturz bedrohte Häuser besitzt (nicht wirklich sehenswert) und bogen dann auf den Highway in Richtung Innenstadt ein.

Zerstörung in Christchurch, Überreste der Christ Church Cathedral (rechts) 

Die Innenstadt von Christchurch ist gespenstisch still. Den Kern der Stadt kann man heute, ziemlich genau zwei Jahre nach dem schweren Erdbeben, immer noch nicht betreten. Alle Häuser sind leer, die einzigen Menschen in den Straßen vor den Zäunen sind mit Kameras bewaffnete Touristen, die sich ein Bild vom Ausmaß der Tragödie machen wollen. Aus Bergen von Schutt ragen einige, dem Abriss geweihte, Hochhäuser mit zerbrochenen Fensterscheiben empor. Es ist eine graue, leblose Wüste. An einer Stelle der Innenstadt darf man etwas näher an die Zerstörung herantreten. Es ist der Ort, an dem sich Christchurchs Wahrzeichen, die Kathedrale, befindet. Die Christ Church steht immer noch an ihrem Ort, ist aber an vielen Stellen stark beschädigt und der majestätische Turm ist komplett eingestürzt. Das, was von der Kathedrale über ist, lässt nur erahnen, wie schön sie gewesen sein muss.

Bei dem Christchurch-Erdbeben vom 22. Februar 2011 starben 185 Menschen. Es wird davon ausgegangen, dass bis zur Beendigung des Wiederaufbaus der Stadt 10.000 Wohnhäuser abgerissen und etwa 100.000 repariert worden sein werden. Die Gesamtkosten des Wiederaufbaus sollen sich auf 20 Milliarden Neuseeland-Dollar belaufen. Das entspricht 12,6 Milliarden Euro.

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